Nach dem Sanitätergesetz (SanG) hat es der ärztlich Verantwortliche einer Rettungsorganisation (§ 23 SanG) in der Hand, Arzneimittel für Notfallsanitäter freizugeben. Dabei wird zwischen der Liste 1 (für Notfallsanitäter; § 10 SanG) und der Liste 2 (für Notfallsanitäter mit der Notfallkompetenz „Arzneimittellehre“; § 11 SanG) unterschieden.
Nach dem aktuellen SanG-Kommentar von Burkowski / Halmich hat der ärztliche Vertreter kein „freies Ermessen“ bei der Auswahl der Medikamente, sondern muss sich am aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung orientieren. Sind aus fachlicher und wissenschaftlicher Sicht mehrere (gleichwertige) Alternativen vertretbar, kann eine Alternative ausgewählt und diese den Sanitätern vorgegeben werden. Ebenso kann der ärztliche Leiter die Verabreichung gewisser Arzneimittel – durch die Festlegung entsprechender Voraussetzungen – von zusätzlichen Ausbildungen und Schulungen abhängig machen.
Fraglich ist, ob auch Suchtmittel (= Suchtgifte, psychotrope Stoffe) Bestandteil der Arzneimittellisten sein können. Durch das SanG werden keine Einschränkungen im Hinblick auf die Auswahl der Medikation getroffen. Aufgrund des Umstandes, dass einige suchtmittelhaltige Arzneimittel auch im Notarztsystem zur Anwendung gelangen (Schmerztherapie), bestehen aufgrund der Systematik des SanG grundsätzlich keine Bedenken gegen eine Aufnahme in die Arzneimittellisten.
Nach Burkowski / Halmich ist aufgrund der Gefahrengeneigtheit suchtmittelhaltiger Arzneimittel eine Beschränkung auf „spezielle Arzneimittel“ der Liste 2 (nach § 11 SanG) sinnvoll, sodass eine Ausweitung auch auf die Liste 1 (nach § 10 SanG) unter diesem Aspekt nicht zu befürworten ist.
Auch in Deutschland ist eine diesbezügliche Diskussion in Gang gesetzt worden. Kürzlich hat sich der deutsche Bund-Länder-Ausschuss „Rettungswesen“ bei seiner Sitzung in Potsdam am 21. und 22. September 2016 für eine Gabe von Betäubungsmitteln durch Notfallsanitäter ausgesprochen. Weitere Details erfahren Sie hier: Link
Weitere Details zur juristischen Begründung der Gabe von Suchtmittel durch Notfallsanitäter im SanG-Kommentar von Burkowski / Halmich aus 2016.
02.03.2020