In einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ging es um Patientenrechte.
Zur Fallgeschichte: Ende April 2023 wurde die Klägerin wegen schlechter Pancreas-Werte im Blut von einem Internisten für eine MR Untersuchung an ein radiologisches Vertragsinstitut (ein in einem Vertragsverhältnis zum beklagten Versicherungsträger stehendes Institut) überwiesen. Sowohl bei diesem, als auch den beiden anderen Vertragsinstituten hätte die Klägerin zwei bis zweieinhalb Monate auf einen Untersuchungstermin warten müssen. Sie kontaktierte daher ein radiologisches Institut, das in keinem Vertragsverhältnis zum Krankenversicherungsträger steht, und erhielt dort innerhalb von zwei Tagen einen Termin. Der Radiologe dieses Instituts teilte ihr zwei bis drei Stunden nach der Untersuchung mit, dass eine Operation notwendig sei, woraufhin die Klägerin am nächsten Tag die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchte. In der Folge wurde noch im Mai 2023 ein Pankreaskarzinom diagnostiziert, die Klägerin im Juni 2023 operiert und Mitte Juli 2023 mit einer Chemotherapie begonnen.
Die Klägerin begehrt den Ersatz der von ihr für die MR-Untersuchung aufgewandten Kosten. Angesichts der langen Wartezeiten bei den drei Vertragsinstituten wäre es ihr nicht möglich gewesen, die erforderliche rasche Krankenbehandlung zu erhalten, sodass sie Anspruch auf Erstattung der Kosten des konsultierten Wahlfacharztes habe.
Die Vorinstanzen bejahten den Anspruch der Klägerin und sprachen ihr letztlich den doppelten in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Tarifsatz zu.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Rechtsansicht dem Grunde nach. Es besteht zwar ein volkswirtschaftliches Interesse daran, dass sich die Anschaffung teurer Großgeräte (MR und CT) auch rentiert und diese möglichst gut ausgelastet sind. Das legitime Ziel, die flächendeckende medizinische Versorgung mittels Großgeräteplänen im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit zu steuern, rechtfertigt es daher, die freie Arztwahl dahin einzuschränken, dass im Fall der Inanspruchnahme eines Wahlfacharztes für Radiologie keine Kostenerstattung gebührt. Das gilt aber nicht mehr, wenn der Versicherte für eine notwendige und zweckmäßige Krankenbehandlung bei einem Vertragsfacharzt (bzw -institut) nicht mehr vertretbare Wartezeiten in Kauf nehmen müsste. Dem Versicherten sowohl eine zeitgerechte Inanspruchnahme der Sachleistung bei einem Vertragsfacharzt als auch den Kostenerstattungsanspruch für die nur deswegen erfolgte Konsultation eines Wahlfacharztes zu versagen, hieße nämlich, ihm den Anspruch auf eine zweckmäßige und notwendige Krankenbehandlung letztlich ganz zu verwehren. Das kann mit technisch‑wirtschaftlichen Überlegungen nicht mehr gerechtfertigt werden. Kann der Versicherungsträger daher die geschuldete Sachleistung durch einen seiner Vertragspartner nicht innerhalb der von ihm selbst vorgegebenen Fristen (laut der 7. Zusatzvereinbarung zum Gesamtvertrag für CT und MR ab 2017: zwanzig Arbeitstage, in dringenden Fällen fünf Arbeitstage und in Akutfällen umgehend) erbringen, so steht dem Versicherten ein Anspruch auf Kostenerstattung zu.
Die Höhe des Anspruchs richtet sich grundsätzlich nach § 131 Abs 1 ASVG (80 % des Tarifs) und nur in akuten Notfällen nach § 131 Abs 3 ASVG (doppelter Tarif). Da die Behandlung der Klägerin zwar dringend, aber nicht im Rahmen einer ersten Hilfemaßnahme akut notwendig war, sprach ihr der Oberste Gerichtshof den Betrag nach § 131 Abs 1 ASVG zu.
=> zur Entscheidung OGH 18.3.2025, 10 ObS 101/14m
Quelle:
OGH (Link)
17.04.2025