Das österreichische Gesundheitswesen ist durch die steigende Anzahl an COVID-19-Erkrankten herausgefordert. Auch das Gesundheitspersonal ist dadurch belastet. Hinzu kommen Unsicherheiten bzgl. der aktuell geltenden Rechtslage als auch ethische Fragestellungen, die bislang so nicht aufgetaucht sind (z.B. gerechte Verteilung knapper Ressourcen, Abstandsgebot, Behandlungsentscheidungen, Triage).

Aufgrund dessen erstellen zunehmend die unterschiedlichen Fachgesellschaften und Berufsverbände Stellungnahmen als Handlungs- und Orientierungsrahmen. Dabei wird immer wieder die Empfehlung ausgesprochen, eine Ethikberatung einzuholen. Doch was ist die Aufgabe solcher Gremien?

Ein allgemeiner Überblick:

  • Ethikberatung im Gesundheitswesen ist ein praktisches Arbeitsfeld in Gesundheitseinrichtungen (Behandlungs-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen).
  • Die Implementierung in den Gesundheitseinrichtungen erfolgt freiwillig. Viele Institutionen haben diesbezügliche Strukturen aufgebaut.
  • Im Fokus steht die Fallarbeit. Also die Begleitung von Patient*innen- / Bewohner*innen-Fallgeschichten mit dem Ziel, ethisch verantwortungsbewusste Entscheidungen durch die Gesundheitsberufe herbeizuführen. Dabei ist auch der Rechtsrahmen zu beachten.
  • In der Fallarbeit geht es um den Patient*innen / Bewohner*innen und alle, die für diese Person Sorge tragen (Gesundheitspersonal, An- / Zugehörige).
  • Die Fallarbeit ist relevant bei konkreten anstehenden Entscheidungen oder auch bei auftretenden Konflikten unterschiedlichster Art.
  • Der/Die Ethikberater*in trifft keine Entscheidungen anstelle des Gesundheitspersonals, sondern moderiert die Entscheidungsfindung. Natürlich gehören dazu auch praktische Hilfestellungen bei der Lösung eines ethischen Problems.
  • Eine Ethikberatung stärkt die Entscheidungskompetenz der Gesundheitsberufe. Zudem wird den Beteiligten eine Orientierungshilfe gegeben und Sicherheit vermittelt. Dies hilft auch, juristische Streitigkeiten hintanzuhalten.

Ethikberatung in COVID-19-Zeiten:

  • Ethikberater*innen können sich bei der Erstellung von örtlichen Versorgungs- und Ablaufplänen beteiligen und dafür sorgen, dass ethische Fragen erkannt und beachtet werden.
  • Ethikberater*innen können dabei helfen, dass seriöse Informationen zusammengefasst und weitergeleitet werden, um dadurch die Fachkenntnisse der Beteiligten zu erhöhen.
  • Es ist nicht Aufgabe von Ethikberater*innen, selbst Kriterien für eine Triage aufzustellen.
  • Es ist nicht Aufgabe von Ethikberater*innen, Triageentscheidungen bei Patient*innen selbst zu treffen. Dies obliegt weiterhin den Gesundheitsberufen.
  • Ethikberater*innen können aber dabei mitwirken, dass bei den Kriterien für eine Triage keine Benachteiligungen aufgrund des Alters oder einer sozialen Situation erfolgen. Die Verteilung knapper Ressourcen soll nach fairen Gesichtspunkten ablaufen.
  • Ethikberater*innen sollten darauf achten, dass Triage-Kriterien bei der Zuteilung (intensiv)medizinischer Ressourcen nur dann zum Einsatz kommen, wenn tatsächlich eine Triage-Situation vorliegt.
  • Ethikberater*innen können darauf hinwirken, dass in Hinblick auf künftige Triageentscheidungen der Patientenwille bzw. auch Vorausverfügungen frühzeitig ermittelt werden (z.B. Vorsorgedialog).

Angebot zur ethischen Fallberatung

Zudem bietet die Deutsche Akademie für Ethik in der Medizin (AEM) aktuell wöchentliche Zoom-Konferenzen sowie ein Online-Forum zum Austausch an.

Weitere Informationen zu den Möglichkeiten und Grenzen der Ethikberatung im Rahmen von COVID-19 sind der Website der AEM unter folgendem Link zu entnehmen.

 


05.04.2020